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Leitfaden: Entfernung von PFAS aus gefasstem Deponiesickerwasser und gepumptem verunreinigtem Grundwasser von belasteten Standorten

Zusammenfassung

Das Parlament hat am 6. Juni 2023 die Motion 22.3929 Maret «Festlegung von PFAS-spezifischen Werten in Verordnungen» überwiesen, die u.a. die Festlegung von Grenzwerten für die Einleitung in Gewässer verlangt. Der VSA beschreibt im vorliegenden Leitfaden den Stand der Technik zur Entfernung von Per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS) aus gefasstem Deponiesickerwasser und gepumptem, verunreinigtem Grundwasser von belasteten Standorten (Stand November 2024). Dieser entwickelt sich aufgrund der Bedeutsamkeit des Themas schnell und muss daher regelmässig überprüft werden.

PFAS sind langlebige, chemische Verbindungen, die in der Umwelt praktisch nicht abgebaut werden (sog. «forever chemicals» / «Ewigkeitschemikalien»), die Gesundheit des Menschen beeinträchtigen sowie Tiere und Pflanzen schädigen können. Der Leitfaden unterscheidet zwischen:

  • Langkettige PFAS: Perfluorcarbonsäuren mit 7 und mehr vollständig fluorierten C-Atomen; Perfluorsulfonsäuren mit 6 und mehr vollständig fluorierten C-Atomen und Stoffe, die das Potenzial haben, sich zu langkettigen Perfluorcarbon- oder -sulfonsäuren abzubauen oder umzuwandeln.
  • Kurzkettige PFAS: Verbindungen mit 3-6 fluorierten C-Atomen
  • Ultra-kurzkettige PFAS haben weniger als 3 fluorierte C-Atome und schliessen den Stoff TFA (Trifluoressigsäure) ein. Diese Gruppe wird im Leitfaden nicht betrachtet.

Basierend auf einer Übersicht kantonaler Erhebungen wurden in Deponiesickerwasser maximale PFAS-Konzentrationen von bis zu 16 µg/L und in gepumptem verunreinigtem Grundwasser von belasteten Standorten bis zu 277 µg/L nachgewiesen.

Für die Entfernung von PFAS unterscheidet der Leitfaden in erprobte und in Entwicklung befindliche Verfahren. Als erprobt gelten Verfahren, welche bereits erfolgreich für die Aufbereitung von Deponiesickerwasser oder gepumptem, verunreinigtem Grundwasser eingesetzt werden. Bei in Entwicklung befindlichen Verfahren wurde hingegen die Praxistauglichkeit noch nicht hinreichend nachgewiesen, z.B. weil sie erst in Pilotversuchen eingesetzt wurden. Sieben erprobte Verfahren sind näher beschrieben und werden in separative und destruktive Technologien unterteilt:

Separation

  • Die Adsorption an granulierte Aktivkohle (GAK), oft in Kombination mit anderen Verfahren entfernt effizient langkettige PFAS, kurzkettige hingegen nicht so gut (Nachbehandlung nötig).
  • Die Sorption an Ionentauscher, oft in Kombination mit anderen Verfahren ist gut für die Entfernung langkettige PFAS geeignet. Mithilfe spezieller Harze entfernt sie auch kurzkettige PFAS (Nachbehandlung nötig).
  • Die Fällung mit Polymer, auch als Vorstufe zu Ionentauscher oder GAK ist gut geeignet für hohe Konzentrationen langkettiger PFAS im Rohwasser. Kurzkettige PFAS werden bei hoher Polymerzugabe entfernt (i.d.R. Nachbehandlung erforderlich).
  • Die Membranfiltration ist gut geeignet für kurz- und langkettige PFAS. Einsatz fast ausschliesslich in Kombination mit anderen Verfahren.
  • Die Ozofraktionierung ist oft erst nach Aufkonzentrierung durch andere Verfahren sinnvoll einsetzbar. Der Wartungsaufwand ist eher hoch.
  • Die Schaumfraktionierung ist oft erst nach Aufkonzentrierung durch andere Verfahren sinnvoll einsetzbar. Sie entfernt langkettige PFAS gut (ohne Nachbehandlung) und kurzkettige PFAS weniger effizient. Bei steigenden Temperaturen nimmt die Effizienz weiter ab.

Destruktion

Die Elektrochemische Oxidation ist für die Behandlung von Konzentraten sehr gut geeignet und kann über die Kontaktzeit gesteuert werden (längere Kontaktzeiten für kurzkettige PFAS).

Je nach Situation am Standort (Zusammensetzung des Rohwassers, Konzentrationsbereich) müssen Kombinationen der Verfahren eingesetzt werden. Dies betrifft insbesondere die Behandlung von Deponiesickerwasser.

Um zu überprüfen, ob die gesetzlichen Vorgaben zum Schutz der Gewässer eingehalten werden, werden die Verfahren mittels analytischer Kontrollen überwacht. Separative Verfahren erfordern meist häufigere Analysen, während bei adsorptiven und destruktiven Verfahren der Aufwand geringer ist. Die Analysehäufigkeit hängt von Schadstoffbelastung, Reinigungsziel und Anlagenauslegung ab. Für PFAS werden anfangs umfassende Analysen durchgeführt, später wird auf relevante Substanzen reduziert. Innerbetriebliche Kontrollen sichern die Anlagenfunktion und Wasserqualität und erfordern ein Qualitätssicherungssystem mit klar definierten Parametern, abgestimmt mit Behörden und Anlagenbauern.

Für die Ermittlung erreichbarer Endkonzentrationen durch die unterschiedlichen Verfahren konnte nicht auf Daten von aktuell betriebenen Anlagen oder Pilotversuchen in der Schweiz zurückgegriffen werden. Die entsprechenden Werte wurden auf Grundlage der Verfahrenseigenschaften und der Erfahrungswerte von Anlagenbauern abgeschätzt:

  • < 5 ng/L für die Entfernung langkettiger PFAS durch GAK. Um die Einhaltung zu überprüfen, kann PFOA als Leitsubstanz dienen, da PFOA in dieser Gruppe am schlechtesten adsorbiert wird.
  • < 10 ng/L für die Entfernung kurzkettiger PFAS durch Ionentauscher. Als Leitsubstanz kann PFBA dienen, da PFBA in dieser Gruppe am schlechtesten adsorbiert wird.
  • Zusätzlich ist eine Summenkonzentration von < 20 ng/L für langkettige PFAS und < 50 ng/L für kurzkettige PFAS angegeben. Diese gilt zusätzlich über alle gemessenen Einzelstoffe.

Total ergibt sich somit eine erreichbare Endkonzentration von 70 ng/L als Summenkonzentration über alle PFAS-Einzelstoffe.


Aufbauend auf dem Leitfaden ergänzen das Bundesamt für Umwelt (BAFU), der Verband der Betreiber Schweizerischer Abfallverwertungsanlagen (VBSA) und der VSA die Vollzugshilfe «Anforderungen an die Einleitung von Deponiesickerwasser» (2012) um das Thema PFAS. In der Vollzugshilfe wird das Vorgehen zur Herleitung von Einleitgrenzwerten für PFAS im gefassten Deponiesickerwasser unter Berücksichtigung der Eigenschaften des Abwassers, des Standes der Technik und des Zustandes des Gewässers im Einzelfall präzisiert. Dieses Vorgehen kann in Analogie auch für andere Abwässer wie gepumptes, verunreinigtes Grundwasser von belasteten Standorten verwendet werden.

  • Publikationsjahr: 2025

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