Mögliche Massnahmen im Gewässer
Stand: 02.09.2024
Durch die integrale Bewirtschaftung des Gesamtsystems Kanalnetz – ARA – Gewässer sollen die Beeinträchtigungen von Gewässern durch die Siedlungsentwässerung und Abwasserreinigung minimiert werden. Einerseits werden die absoluten Mischabwasserentlastungen und die Restfrachten im gereinigten Abwasser nach der ARA (Emissionen) mit allen verhältnismässigen Massnahmen nach dem Stand der Technik minimiert und andererseits erfolgen die verbleibenden Mischabwasserentlastungen nach Möglichkeit in Gewässer, in denen die gewässerspezifischen Entlastungsfrachten unter Beachtung des Verdünnungseffekts im Gewässer zu möglichst geringen Immissionen (Konzentrationen) führen.
In besonderen Situationen kann es vorkommen, dass trotz Realisierung aller verhältnismässiger Massnahmen im Einzugsgebiet und auf der ARA die Restbelastung eines Gewässers aus der Siedlungsentwässerung so gross ist, dass die Anforderungen an die Wasserqualität gemäss Art. 9 des Gewässerschutzgesetzes bzw. Anhang 2 der Gewässerschutzverordnung nicht erfüllt werden. In solchen Fällen verlangt Art. 28 des Gewässerschutzgesetzes, dass der Kanton dafür sorgt, dass zusätzlich Massnahmen am Gewässer selbst getroffen werden.
Massnahmen am Gewässer sind immer mit allen zuständigen kantonalen Fachstellen (Gewässerschutz, Wasserbau, Fischerei) zu koordinieren.
Revitalisierung von Fliessgewässern
Zusätzliche Massnahmen am Gewässer sind insbesondere bei stark degradierten Fliessgewässern notwendig, in denen die Selbstreinigungskraft infolge fehlender Lebensräume und Lebensgemeinschaften ungenügend ist. Die Revitalisierung von degradierten Fliessgewässern führt in der Regel innert kurzer Zeit auch zu einer besseren Wasserqualität. Solche Revitalisierungsmassnahmen können aber nicht die Reinigung der Abwässer aus einer Einleitstelle übernehmen. Die Massnahme stellt nur eine Ergänzung zu weiteren Massnahmen im Entwässerungssystem dar.
Bauliche Anpassungen an Einleitstellen
Die Einleitstellen bei Mischabwasserentlastungen sind bisweilen hinter Buhnen oder an anderen ungünstigen Stellen so erstellt, dass Mischabwasser nach Entlastungsereignissen bei Trockenwetter unnötig lange stehen bleibt und Schlammablagerungen nicht weggeschwemmt werden (siehe Abbildung links).
Neue Einleitstellen sind so zu disponieren, dass das entlastete Mischabwasser sofort und restlos weggeschwemmt wird. Bestehende ungünstige Einleitstellen sind gegebenenfalls anzupassen.
Der durch Mischabwasserentlastungen erzeugte «hydraulische Stress» im Gewässer infolge einer grossen Einleitmenge wird in der Regel überschätzt. Mischabwasserentlastungen springen nur bei starken Niederschlägen an, wenn auch die natürliche Wasserführung des Aufnahmegewässers gross ist. Gegebenenfalls sind Massnahmen zur Energievernichtung (z.B. Absturzschacht) zwischen der Überfallkante am Entlastungsbauwerk und dem Gewässer vorzusehen, sofern die Höhendifferenzen dies erlauben.
Mitfinanzierung von Aufwertungsmassnahmen an Gewässern durch Abwassergebühren
Generell: Wenn Aufwertungsmassnahmen geeignet sind, um die Beeinträchtigung durch Abwassereinleitungen zu reduzieren, können die Aufwertungsmassnahmen direkt aus den Abwassergebühren bezahlt werden.
Beispiel: Wenn in einem kanalisierten Gerinne infolge einer grossen öffentlichen Regenabwassereinleitung die Gewässerlebewesen immer wieder abgeschwemmt werden, kann es effizienter sein, das Gerinne lokal aufzuweiten und Strukturen mit Rückzugsmöglichkeiten zu schaffen, statt grosse Retentionsvolumina für die Einleitung des Regenabwassers aus der Siedlungsentwässerung zu bauen. Die Gerinneaufweitung darf deshalb vollständig aus Abwassergebühren finanziert werden. Begründung: Die Abwassergebühren werden verursachergerecht eingesetzt.
Auch diese Massnahme ist jedoch kein Ersatz dafür, die Einleitung von Regen- und Mischabwasser in Gewässer prioritär durch Förderung der Versickerung und Verdunstung des Regenwassers möglichst weitgehend zu verringern (Stichwort «Schwammstadt»).
Falls Aufwertungsmassnahmen und die Beeinträchtigungen durch Abwassereinleitungen nicht in einem engen räumlichen und kausalen Zusammenhang stehen (z.B. bei einer starken Vorbelastung aus dem Oberlauf des Gewässers), dürfen sie nicht ohne weiteres aus den Abwassergebühren finanziert werden. In gewissen Kantonen können Gemeinden in diesem Fall zur Finanzierung der Aufwertungsmassnahmen einen Zuschlag von max. 10% auf die Abwassergebühren erheben (s. z.B. § 47 im Gesetz über Wasser, Boden und Abfall [GWBA] des Kantons Solothurn [BGS 712.15]).