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Von der Kläranlage zum Spielraum: Attisholz Süd neu belebt

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Wo einst Industrieabwässer gereinigt wurden, toben heute Kinder, flanieren Spaziergänger und begegnen sich Menschen zwischen Wasser, Beton und Grün. Die Umnutzung der ehemaligen ARA im Attisholz Süd zeigt, wie Industrieerbe zwischen Geschichte, Nachhaltigkeit und Zukunft neu belebt wird.

Informationen im Überblick
Spielplatz Attisholz
Spielplatz Attisholz
Spielplatz Attisholz
Spielplatz Attisholz
Spielplatz Attisholz
Eine teilweise überdachte Betonstruktur, gefüllt mit flachem Wasser, einigen Trittsteinen und runden Pflanzgefäßen mit Schilf. An den Wänden sind Moos und Algen zu sehen.

Auslöser für die Umnutzung war die umfassende Transformation des ehemaligen Industrieareals Attisholz Süd. Im Zuge der Ansiedlung des Biotech-Unternehmens Biogen und der Schaffung des neuen Uferparks Attisholz suchte der Kanton Solothurn nach Wegen, historische Bausubstanz zu bewahren und gleichzeitig attraktive Naherholungsräume zu schaffen. Die stillgelegte ARA, einst Teil der grössten Zellulosefabrik der Schweiz, bot sich als eindrücklicher Zeitzeuge an – robust, poetisch und voller Potenzial für eine neue Nutzung.

Die ehemalige Kläranlage im Attisholz Süd wurde im Rahmen der Arealentwicklung zu einem Spiel- und Entdeckungsraum umgestaltet. Statt Abriss entschied sich der Kanton Solothurn für den Erhalt als Zeitzeuge der einst grössten Zellulosefabrik der Schweiz. Die robusten Betonbecken boten ideale Voraussetzungen für eine kreative Umnutzung: Durch behutsame Eingriffe wie Durchbrüche, Treppen und Begrünung entstand ein einzigartiger Spiel- und Erlebnisraum. Damit wurde nicht nur graue Energie bewahrt, sondern auch ein Symbol für Kreislaufwirtschaft geschaffen. Als Teil des neuen Uferparks entlang der Aare verbindet die Anlage Geschichte, Natur und Freizeit auf eindrucksvolle Weise. Kinder und Erwachsene entdecken hier einen Ort zwischen Industrieästhetik und Naturerlebnis – ein Beispiel, wie aus technischer Infrastruktur ein lebendiger, identitätsstiftender Freiraum werden kann.

Die ehemalige Kläranlage wurde zu einem Spiel- und Entdeckungsraum umgestaltet. Die rund 10’000 m² grosse Anlage mit ihren Becken, Stegen und Betonwänden wurde durch gezielte Eingriffe – Durchbrüche, Treppen, Sicherungen und neue Wege – begehbar und erlebbar gemacht. Dicht bepflanzte Becken erinnern an den einstigen Auenwald, andere dienen als offene Spielflächen, Wasserbecken oder Aufenthaltsräume. Die Umnutzung integriert sich nahtlos in den 1,5 km langen Uferpark Attisholz, der als grünes Rückgrat zwischen Industrie, Natur und Freizeit dient. Planung und Umsetzung erfolgten durch das Büro mavo Landschaften in Zusammenarbeit mit BSB + Partner und der Wanner AG Solothurn.

Das Projekt basierte auf dem kantonalen Erschliessungs- und Gestaltungsplan «Öffentlicher Uferpark – Attisholz Süd», der 2017 durch den Regierungsrat genehmigt wurde. Die Bewilligung erfolgte in enger Abstimmung zwischen Kanton, Gemeinde Luterbach und Fachstellen für Natur, Wasserbau und Denkmalschutz. Der klare planerische Rahmen und die hohe Qualität der Vorarbeiten ermöglichten ein zügiges Verfahren und eine reibungslose Realisierung bis 2019.

Dank frühzeitiger Einbindung aller Fachstellen und einer transparenten Kommunikation verlief das Bewilligungsverfahren effizient. Herausforderungen ergaben sich weniger aus formellen Hürden als aus der Abstimmung technischer, ökologischer und sicherheitsrelevanter Anforderungen – etwa zur Entwässerung, Statik und Barrierefreiheit eines bestehenden Bauwerks ohne aktuelle Pläne. Der kooperative Ansatz aller Beteiligten war entscheidend für den Erfolg.

Die Umnutzung der ARA ist Teil einer übergeordneten Masterplanung, welche das Attisholz-Areal als das grösste eingezonte Entwicklungsgebiet der Schweiz positioniert. Der neue Park bildet dabei das landschaftliche Herzstück und eine identitätsstiftende Schnittstelle zwischen Industrie, Gewerbe und Öffentlichkeit. Die Transformation steht beispielhaft für eine raumplanerische Doppelnutzung: Industriebestand als kulturelles Erbe und gleichzeitig als Freiraum im Dienst der Bevölkerung.

Das Projekt folgt konsequent den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft. Bestehende Betonbecken und Strukturen wurden nicht abgebrochen, sondern wiederverwendet und minimal ergänzt – ein bewusster Entscheid gegen energieintensiven Neubau. Durch den Erhalt der massiven Bausubstanz wurde ein grosser Teil grauer Energie bewahrt. Zudem stärkt die extensive Gestaltung mit regionalen Pflanzen und geringer Pflege den Netto-Null-Gedanken im Betrieb: wenig Energieverbrauch, keine Bewässerung, maximale ökologische Wirkung.

Die ehemalige ARA ist ein architektonischer Zeuge der Industriekultur. Ihre Umgestaltung zur begehbaren Skulptur macht das industrielle Erbe sichtbar, statt es zu tilgen. Die rauen Betonwände, die lineare Struktur und die neuen Durchbrüche erzählen Geschichte, ohne museal zu wirken. So entstand ein Ort, der die Vergangenheit würdigt und gleichzeitig eine neue Nutzung ermöglicht – Baukultur im besten Sinne.

Eine der grössten Herausforderungen war der mangelnde Bestand an Bauplänen der alten Anlage. Teilabbrüche hatten Entwässerungssysteme zerstört, was komplexe technische Lösungen erforderte. Auch die Anforderungen an Sicherheit und Barrierefreiheit stellten hohe Ansprüche an Planung und Ausführung. Der Spagat zwischen robustem Bestand, sensibler Gestaltung und gesetzlicher Norm erfüllte das Team jedoch mit grosser Sorgfalt – und viel Improvisationskunst.

Die Umnutzung der ehemaligen Kläranlage in Attisholz Süd zeigt, dass Erhalt statt Abriss nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch kulturell und sozial bereichernd ist. Alte Industrieanlagen können als Träger von Identität und Kreativität neu belebt werden, wenn Mut, Vertrauen und interdisziplinäre Zusammenarbeit zusammenkommen. Das Projekt lehrt, dass Nachhaltigkeit nicht nur in Technik, sondern vor allem im achtsamen Umgang mit dem Vorhandenen beginnt.

Planung und Fertigstellung: 2015 – 2019

Projektkosten der ARA-Umnutzung in CHF: 1,5 Mio.

Kanton: Solothurn

Gemeinde: Riedholz

Einwohnerwert EW des Gebietes: 280000


Eigentümer: Im Kern: Immobilienunternehmen Halter AG, Teile: Kanton Solothurn

Bauherrschaft: Hochbauamt des Kantons Solothurn

Externe Projektleitung: BSB + Partner

Beteiligte Partner: BSB + Partner, Wanner AG (Solothurn), mavo Landschaften (Zürich), Attisholz Infra AG (AIN), Hochbauamt Solothurn, Umwelt- und Wasserfachstellen


Autorenschaft: Paul Sicher

Hochbauamt des Kantons Solothurn, Abteilungen für Planung, Baukoordination und öffentliche Parks (E-MAIL)

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